17. Juni 1953:

Volksaufstand in der ehemaligen DDR


Zum Beispiel Karl-Heinz Pahling aus Niemegk


von Falco Werkentin

 

Auszug aus:

Werkentin, Falco Politische Strafjustiz in der Ära Ulbricht Links Verlag 1994, S. 131f.

 

Bild-Quelle: privat 

 


 

Am 17. Juni 1953 wählten die Gleisbauarbeiter der Bau-Union in Niemegk ihren 26jährigen Kollegen Pahling in das Streikkomitee. Daraus sei, so Wochen später das BG Potsdam, bereits hervorgegangen, daß er unter den Kollegen als Hetzer bekannt gewesen sei. Als Sprecher rief Pahling auf der ersten Kundgebung in Niemegk die Anwesenden auf, sich der Arbeitsniederlegung anzuschließen. Mit einem Güterzug fuhren die Gleisbauarbeiter in die Kreisstadt Belzig. Hier verlas Pahling vor einer größeren  Menschenmenge einen Forderungskatalog. Als sowjetische Soldaten den Demonstrationszug u.a.  durch Warnschüsse aufzulösen suchten, verlangte Pahling vom Vorsitzenden des Rates des  Kreises Belzig Schutz vor den sowjetischen Soldaten.

 

Nach der Verhaftung wurde Pahling u.a. von sowjetischen Offizieren vernommen. "Die Vernehmungen hatten dann schon bald nicht mehr das Thema, was ich am 17. Juni gemacht habe, sondern es sollte unbedingt ans Tageslicht kommen, wer uns dazu angestiftet hatte. Man wollte, daß ich ein Protokoll unterschreibe, in welchem ich bestätige, daß eine schwarze Limousine mit amerikanischem Kennzeichen an unserem Arbeitsort erschien und uns mit einer Handvoll Dollarnoten den Streik schmackhaft gemacht werden sollte. Nacht für Nacht, Verhör für Verhör, immer das gleiche Thema." (Rede von Karl-Heinz Pahling am 09.11.1993)

 

Am 19. August 1953 verkündete das BG Potsdam das Urteil - zehn Jahre Zuchthaus. Aus der Begründung: "Wenn der Angeklagte also Schutz für diesen provokatorischen Demonstrationszug durch die Volkspolizei verlangte, so beabsichtigte er damit den Einsatz der Volkspolizei gegen die sowjetische Besatzungsmacht ... Das Ziel des Angeklagten war also, die deutsche Polizei gegen die sowjetische Besatzungsmacht zu hetzen, damit einen Bürgerkrieg in Deutschland auszulösen, damit der Faschismus erneut in Deutschland hereinbrechen und die Werktätigen unterdrücken konnte." (Urteil des BG Potsdam vom 19.08.1953, Az: I Ks 507/53) Im Rahmen der Amnestie des Jahres 1960 wurde Pahling nach sieben Jahren Haft entlassen.